LESERFRAGEN Ratgeberaktion „Parodontitis“ am 29.08.2013

Die wichtigsten Leserfragen beim Expertentelefon „Parodontitis“ am 29. August 2013

 

 

 

 

 

 

 

Ich frage mich, woran ich eine beginnende Parodontitis erkenne. Gibt es bestimmte eindeutige Warnsignale und Symptome?

  • Univ.-Prof. Dr. Peter Eickholz, Direktor der Poliklinik für Parodontologie am Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Carolinum) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e.V. (DGParo): Es gibt keine eindeutigen Symptome. Die beginnende Parodontitis ist für den Betroffenen nicht von einer Gingivitis – also einer Zahnfleischentzündung – zu unterscheiden: Im Wesentlichen kommt es zu Zahnfleischbluten. Ob eine parodontale Erkrankung vorliegt, stellt am besten der Zahnarzt durch die Bestimmung des Parodontalen Screening Index (PSI) fest. Die GKV bezahlt diese Untersuchung alle zwei Jahre. Werden PSI-Codes 3 und 4 festgestellt, sollte dies Anlass für eine vollständige parodontale Untersuchung sein. Der Parodontalstatus gibt dann Aufschluss darüber, welche Art von parodontaler Erkrankung vorliegt. Eine grobe Orientierung kann ein Selbsttest geben, der über die Website der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie zugänglich ist.

Mein Arzt hat mir eine systematische Parodontitis-Behandlung empfohlen. Was muss man sich darunter vorstellen und wie lange dauert diese?

  • Prof. Dr. Eickholz: Die systematische Parodontitis-Behandlung beginnt mit der Kontrolle der individuellen Mundhygiene, Putzübungen und einer professionellen Zahnreinigung. Nach Messung der Zahnfleischtaschen wird die Behandlung bei der Kasse beantragt. Nach Genehmigung des Antrags werden alle Zahnfleischtaschen mit einer Tiefe ab 3,5 Millimetern unter örtlicher Betäubung gereinigt beziehungsweise ausgeschabt. Sechs Wochen bis drei Monate danach werden die Zahnfleischtaschen nachgemessen. Sollten noch tiefe Zahnfleischtaschen übrig sein, können für deren Behandlung kleine Operationen beantragt oder spezielle operative Verfahren durchgeführt werden, die zum Teil nicht von der Kasse bezahlt werden. Parodontitis ist aber letztlich eine chronische Erkrankung und erfordert eine lebenslange Nachsorge.

Mein Mann sagt mir immer wieder, dass ich Mundgeruch habe, leide ich vielleicht an einer Parodontitis?

  • Prof. Dr. Eickholz: Das ist gut möglich. Ich empfehle eine zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des Parodontalen Screening Index (PSI). Findet der Zahnarzt PSI-Codes 3 (Taschentiefen von 3,5 bis 5,5 Millimetern) und vier (die Taschentiefen sind größer als 5,5 Millimeter), so liegt eine behandlungsbedürftige Parodontalerkrankung vor.

Ich habe immer schubweises Zahnfleischbluten, was kann ich dagegen tun und ist das schon ein Indiz für eine Parodontitis?

  • Dr. Sonja H. M. Derman, Oberärztin Sektion Parodontologie am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Zahnerhaltung und Parodontologie an der Uniklinik Köln: Ganz wichtig ist es, nicht mit dem Putzen aufzuhören. Viele Patienten denken, Sie würden das Zahnfleisch zusätzlich verletzen, wenn sie weiterputzen. Das macht das Problem aber nur schlimmer, da ein Grund für Zahnfleischbluten in einer suboptimalen Mundhygiene liegt. Um das Problem effektiv in den Griff zu bekommen, sollten Sie Ihren Zahnarzt aufsuchen. Nur er kann unterscheiden, ob es sich um eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) oder eine Zahnbettentzündung (Parodontitis) handelt.

Ich bin Raucher, trage ich deshalb ein erhöhtes Risiko für eine Parodontitis?

  • Dr. Derman: Raucher erkranken tatsächlich häufiger als Nichtraucher an Parodontitis und es kommt zu einem schwereren Erkrankungsverlauf, der mit mehr Zahnverlust einhergeht. Meist wird die Parodontitis erst später entdeckt als bei Nichtrauchern, da die Warnzeichen Zahnfleischblutung und Zahnfleischrötung durch das Rauchen „maskiert“ werden. Bei Rauchern ziehen sich die kleinen Blutgefäße zusammen und das Zahnfleisch wirkt optisch gesund, obwohl es das nicht ist. Außerdem sind wichtige Abwehrzellen in ihrer Funktion gestört, sodass der Körper sich schlechter gegen den bakteriellen Angriff wehren kann.

Ich habe vor einigen Wochen eine Zahnfleischbehandlung gegen meine Parodontitis durchführen lassen. Habe ich jetzt erst mal Ruhe oder muss ich besonders oft zur Vorsorge gehen beziehungsweise eine Zahnreinigung vornehmen lassen?


  • Dr. Derman: Diese Zahnfleischbehandlung alleine bedeutet nicht, dass die Parodontitis für immer geheilt ist. Regelmäßige Kontroll- oder Vorsorgetermine – im Abstand von drei bis sechs Monaten – mit Taschenmessung und Zahnreinigung gehören zur Parodontitistherapie dazu und werden auch „Erhaltungstherapie“ oder „Recall“ genannt. Nur durch ein solches regelmäßiges Nachmessen kann ein Wiederauftreten von Zahnfleischtaschen erkannt und sofort therapiert werden. Kleine und größere Putzdefizite werden dabei erkannt und ausgemerzt. Denn nur bei einer langfristig guten Mundhygiene kann das Behandlungsergebnis längerfristig gesichert werden.

Übernehmen private Zahnzusatzversicherungen auch die Kosten für die regelmäßige professionelle Zahnreinigung?

  • Daniela Gundermann, Expertin für Zahnzusatzversicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth: Wir bieten spezielle Tarife für den Zahnerhalt an. Hier erhalten Sie neben den Leistungen für die regelmäßige professionelle Zahnreinigung auch Leistungen für Parodontitis-Behandlungen, Einlagefüllungen (Inlays und Onlays), Kunststofffüllungen, Knirscherschienen und Wurzelkanalbehandlungen.

Muss ich bei einer Zahnzusatzversicherung mit Altersbeschränkungen, Wartezeiten oder Gesundheitsfragen rechnen, wie etwa bei einer Lebensversicherung?

  • Daniela Gundermann: In unseren Zahntarifen gibt es keine Altersbeschränkungen oder Wartezeiten. Wir verzichten auf Gesundheitsfragen, damit können wir Ihnen die Annahme Ihres Antrags garantieren. Ab dem 21. Lebensjahr zahlen alle Versicherungsnehmer den gleichen Beitrag für Zahnerhalttarife.

Werden alle Maßnahmen zur Behandlung einer Parodontitis von der Kasse erstattet? Kann ich mich gegen eventuelle Zuzahlungen mit einer privaten Zusatzversicherung schützen?

  • Daniela Gundermann: Bei gesetzlich versicherten Patienten werden die Kosten für die „klassische“ Parodontal-Behandlung von der Krankenkasse übernommen. Es gibt jedoch begleitende Maßnahmen, die keine Kassenleistungen sind. Hierzu gehören unter anderem die professionelle Zahnreinigung, Speicheltests, mikrobiologische Untersuchungen zur Bestimmung der Erkrankung auslösenden Bakterien oder knochenaufbauende Maßnahmen. Mit unseren Tarifen können Sie diese Mehrkosten absichern.

Helfen elektrische Zahnbürsten beim richtigen Zähneputzen? Man hört immer von Vor-, aber auch Nachteilen.

  • Kristian Popovski, Leiter der parodontologischen Abteilung in der Zahnarztpraxis „topDentis Cologne“: Eine elektrische Zahnbürste kann eine sehr gute Empfehlung sein. Besonders bei Schwächen in der Zahnputztechnik und bei ungeübten Patienten kann auf diese Weise ein besseres Ergebnis erzielt werden. Die Zahnbürste muss zur Patientensituation passen. Hier kann Ihnen Ihr Zahnarzt oder eine fortgebildete zahnmedizinische Fachangestellte weiterhelfen.

Ich leide an Parodontitis, mein Zahnarzt hat mir ein Antibiotikum verschrieben. Ist das wirklich notwendig?

  • Kristian Popovski: Dies ist vom Fall und Schweregrad der Erkrankung abhängig. Eine generelle therapiebegleitende Gabe von Breitbandantibiotika ist abzulehnen. Ganz anders ist die Situation bei einer abgestimmten Antibiotikatherapie. Hier sollte ein Test des Bakterienspektrums erfolgen. Solche Keimtests gehören heute zum Standard in der Parodontitistherapie. Gerade bei mittelschweren bis schweren Parodontitisfällen ist ein Antibiotikum sehr sinnvoll.

Ich pflege meine Zähne sorgfältig und gut und habe trotzdem Parodontitis. Woran kann das liegen und was kann ich zusätzlich dagegen tun?

  • Kristian Popovski: Eine genetische Komponente, allgemeine Erkrankungen, aber auch einige Medikamente etwa bei Bluthochdruck, Rauchen, aber auch Stress können eine Parodontitis begünstigen. Ausgangspunkt ist aber immer eine durch Bakterien verursachte Zahnfleischreizung. Häufig sind nicht zugängliche Nischen ein Ausgangspunkt. Hier kann eine Parodontitis begleitende Maßnahme, bestehend aus individueller Aufklärung und Einweisung, einem abgestimmten Kontrollintervall und regelmäßigen Zahnreinigungen für Abhilfe sorgen. 
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen